Inhaltsverzeichnis
- Warum mich mein Chef trotz fehlender Qualifikation einstellte
- Wie modernes Recruiting Potenzial sichtbar macht
- 5 Schritte zu besseren Einstellungsentscheidungen
- Fazit
- Meine Beratung für bessere Einstellungsprozesse
- FAQ – Häufig gestellte Fragen
1. Warum mich mein Chef trotz fehlender Qualifikation einstellte
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Mehr Informationen2011 wurde ich eingestellt, obwohl ich die Eingangsqualifikation nicht hatte.
Haben Sie schon einmal jemanden abgelehnt, weil er nicht alle Punkte des Anforderungsprofils erfüllt hat und sich später gedacht: Der oder die hätte doch perfekt gepasst?
Ich war 2011 genau in dieser Situation, nur auf der anderen Seite. Ich hatte mich initiativ als Wareneingangsprüferin beworben. Im Gespräch habe ich gleich gesagt: Ich kann keine technischen Zeichnungen lesen, ich habe noch nie einen Messschieber in der Hand gehabt.
Eigentlich war ich also, wenn man nur das Anforderungsprofil nimmt, eine klare Fehlbesetzung. Trotzdem habe ich den Job bekommen. Nicht, weil das Unternehmen keine Bewerber hatte – im Gegenteil, es war ein sehr gefragter Arbeitgeber. Mein damaliger Chef hat aber nicht nur gesehen, was ich nicht konnte, sondern auch, was ich mitgebracht habe: Motivation, Lernbereitschaft und das Potenzial, mich einzuarbeiten. Er hat in meine Qualifizierung investiert und ich durfte die Fachkompetenz lernen.
Heute weiß ich: Ich hatte Glück, auf jemanden zu treffen, der den Mut hatte, von der Schablone abzuweichen. Und genau dieser Mut macht heute im Fachkräftemangel oft den Unterschied – zwischen einer unbesetzten Stelle und einem Mitarbeiter, der bleibt und wächst.
Warum Unternehmen am eigenen Raster scheitern
Viele Unternehmen verlieren geeignete Bewerber, weil sie sich zu starr an Anforderungsprofilen orientieren. Oft ohne zu wissen, woher diese Anforderungen überhaupt stammen. Im Mittelstand werden Qualifikationen nicht selten „aus Tradition“ oder „weil es schon immer so war“ festgelegt.
Selbst vertraglich festgeschriebene Qualifikationen wie nach VDA 6.3 – zugelassenen Auditors – bedeuten nicht, dass man nur bestehende Auditoren einstellen darf. Auch hier könnten geeignete Kandidaten diese Qualifikation erwerben.
Typische Fehlentwicklungen:
- Potenzial, Motivation und Lernfähigkeit werden kaum sekundär bewertet.
- Aus Profil wird festgehalten, statt den Menschen zu sehen.
- Kontext und Unternehmenskultur werden zu wenig berücksichtigt.
- Teure Fehlbesetzungen entstehen, wenn Titel und Lebenslauf wichtiger sind als tatsächliche Umsetzungsfähigkeit.
- Erlernbare Kompetenzen werden vorschnell als KO-Kriterium gewertet.
Profile helfen beim Suchen, nicht beim Entscheiden. Zertifikate zeigen, was jemand weiß und nicht, ob er es anwenden kann.
2. Wie modernes Recruiting Potenzial sichtbar macht
1. Anforderungsprofile gemeinsam entwickeln
Profile entstehen gemeinsam von Fachbereich und Personal, nicht per Copy‑Paste. Grundlage sind die aktuellen Aufgaben, Wechselwirkungen und absehbaren Änderungen im Umfeld.
Für Personaler heißt das: Mit dem Fachbereich ins Gespräch gehen, Ziele und Aufgaben genau klären, Muss- und Kann-Kriterien trennen und Anforderungen so formulieren, dass man sie später auch messen kann.
Das erfordert Moderationsfähigkeit, die richtigen Fragen zu stellen und den Blick für das große Ganze.
Metapher: Die Landkarte von heute zeichnen – nicht den Plan von gestern kopieren.
2. Weg von der Schablone – den Menschen sehen
Formale Stellenbeschreibungen geben Orientierung, ersetzen aber nicht die Eignungsdiagnostik. Entscheidend ist, wie jemand Probleme löst, nicht nur was im CV steht.
Für Personaler heißt das: Strukturierte, verhaltensbasierte Interviews (z. B. STAR), realistische Arbeitsproben/Cases, Probearbeit im Team.
Das erfordert Menschenkenntnis, die Fähigkeit, Beobachtungen richtig einzuordnen, und ein Bewusstsein für eigene Vorurteile.
Metapher: Nicht nach Schablone zuschneiden – sondern den Maßanzug nehmen.
3. Vorteile und Grenzen formaler Qualifikationen verstehen
Curricula zeigen Theorie, nicht Praxis. Die Kette gilt: gehört ≠ verstanden ≠ angewendet ≠ beherrscht ≠ abrufbar. Zertifikate sind Hinweise, keine Beweise.
Für Personaler heißt das: Nachweise prüfen und Praxis prüfen: Simulationen, Arbeitsproben, Referenzen zu konkreten Ergebnissen.
Das erfordert: Diagnostische Kompetenz, Testdesign, Qualitätsmaßstäbe.
Metapher: Der Führerschein beweist nicht, dass man bei Schnee sicher fährt.
4. Erlernbare Skills gezielt entwickeln
Fehlende Skills (Sprache, Software, Technik) sind mit Lernpfad und Onboarding oft schnell schließbar, wenn Motivation und Disziplin stimmen.
Für Personaler heißt das: Muss/Kann/Lernbar‑Matrix, Qualifizierungsplan mit Zielterminen, Mentoring/Pat:innen benennen, Budget & Zeitfenster sichern.
Das erfordert: Lernkultur, Ressourcenplanung, Erfolgskontrolle.
Metapher: Den Werkzeugkoffer erweitern, nicht jedes Mal einen neuen Handwerker kaufen.
5. Kontext als Erfolgsfaktor berücksichtigen
Ein Top-Performer aus einem Konzern mit etablierten Kennzahlensystemen muss im Mittelstand oft zuerst Strukturen aufbauen. Das ist eine völlig andere Anforderung und braucht eine andere Herangehensweise.
Für Personaler heißt das: nicht nur auf bisherige Erfolge schauen, sondern verstehen, in welchem Umfeld diese entstanden sind, und ob die Fähigkeiten in der neuen Umgebung genauso wirken können.
Das erfordert: gezielt nachfragen, Kontextinformationen einordnen und die Passung zwischen bisherigem Arbeitsumfeld und der neuen Rolle realistisch einschätzen.
Metapher: Mit dem Porsche durch die Spielstraße fahren – große PS, aber keine Möglichkeit, sie auszuspielen.
Disziplin und Ehrgeiz schlagen Talent, wenn das Talent nicht bereit ist, zu lernen und dranzubleiben.
3. 5 Schritte zu besseren Einstellungsentscheidungen
1. Anforderungsprofile als Teamarbeit
Lassen Sie Fachbereich und HR die Anforderungen gemeinsam erarbeiten – mit Fokus auf aktuelle Aufgaben, Wechselwirkungen und realistische Rahmenbedingungen.
📌 Praxis-Tipp: Muss/Kann/Lernbar-Matrix erstellen, um Spielräume klar zu benennen.
2. Eignung statt Schablone prüfen
Setzen Sie auf strukturierte Interviews, realistische Arbeitsproben und Teamtage, um die tatsächliche Arbeitsweise und Passung zu prüfen.
📌 Praxis-Tipp: STAR-Methode (Situation, Task, Action, Result) nutzen, um konkrete Verhaltensbeispiele abzufragen.
3. Lernbare Kompetenzen fördern
Planen Sie bereits im Auswahlprozess, wie fehlende Skills entwickelt werden können.
📌 Praxis-Tipp: Onboarding-Pläne mit Qualifizierungsmaßnahmen und Mentoring festlegen, inklusive Zeit- und Budgetfreigabe.
4. Kontextfit aktiv hinterfragen
Analysieren Sie, in welchem Umfeld der Bewerber erfolgreich war, und prüfen Sie, ob diese Bedingungen im neuen Umfeld gegeben sind oder aufgebaut werden müssen.
📌 Praxis-Tipp: Bewerbern realistische Szenarien aus Ihrem Unternehmensalltag geben und beobachten, wie sie reagieren.
5. Personalern Handlungsspielraum geben
Stellen Sie sicher, dass HR nicht nur nach Checklisten entscheidet, sondern begründet vom Profil abweichen darf, wenn Potenzial und Motivation erkennbar sind.
📌 Praxis-Tipp: Klare Entscheidungs- und Eskalationswege schaffen, damit mutige Personalentscheidungen abgesichert sind.
Der beste Mitarbeiter erfüllt nicht immer alle Kriterien, aber er erfüllt die Aufgabe.
Eskalation bedeutet in diesem Kontext: Transparenz schaffen, damit Führung gezielt unterstützen kann. Nur so lassen sich Prioritäten setzen, Ressourcen sichern und Projekte wieder in Bewegung bringen.
Wirkung in der Organisation: Es entstand ein gemeinsames Verständnis für Projektarbeit über alle Ebenen hinweg. Die neue Transparenz machte sichtbar, warum bestimmte Projekte zurück priorisiert wurden – nicht aus Willkür, sondern im Kontext der Gesamtanforderungen. Das hat nicht nur Klarheit geschaffen, sondern auch gegenseitiges Verständnis gefördert: für Entscheidungen, für Grenzen und für das, was wirklich machbar ist.
Fazit: Gemeinsames Verständnis statt Einzelkämpfermodus.
4. Fazit
Starre Anforderungsprofile verhindern oft, dass die besten Leute eingestellt werden. Gerade jetzt, wo der Fachkräftemangel spürbar ist, sollten Potenzial, Motivation und Lernbereitschaft genauso wichtig sein wie formale Qualifikationen. Wer versteht, in welchem Kontext Erfolge entstanden sind, wer lernbare Skills fördert und HR den nötigen Spielraum gibt, wird langfristig bessere Entscheidungen treffen.
Was daraus entsteht, ist mehr als Projektmanagement: Es ist Organisationsentwicklung mit Substanz, Klarheit und Wirkung.
Meine Beratung für bessere Einstellungsprozesse
Ich helfe mittelständischen Unternehmen und HR-Teams dabei, realistische Anforderungsprofile zu entwickeln, Interviews so zu führen, dass Potenzial sichtbar wird und klare Entscheidungswege zu schaffen. Mit meiner Erfahrung aus Industrie, Mittelstand und Beratung sorge ich dafür, dass Sie die Menschen einstellen, die zu Ihnen passen – fachlich, kulturell und strategisch.
Verlinkungen zu ergänzenden Themen
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→ Warum Klarheit schon in der Einladung beginnt und Entscheider*innen Struktur brauchen. - Eskalationsmanagement in Projekten – sachlich, sauber, lösungsorientiert
→ Wie eine gesunde Eskalationskultur entsteht – und warum sie Projekte schützt statt gefährdet. - Maßnahmensteuerung mit Microsoft Planner – einfach, digital, transparent
→ Tools sinnvoll nutzen, statt nur zu dokumentieren – wie Verbindlichkeit durch Sichtbarkeit entsteht.
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Lassen Sie uns gemeinsam Ihr Recruiting von starren Profilen auf Potenzialorientierung umstellen. Ich freue mich auf Ihre Nachricht!
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Warum halten viele Unternehmen trotzdem an starren Anforderungsprofilen fest?
Viele Unternehmen arbeiten mit alten Vorlagen oder übernehmen Profile einfach weiter, ohne sie zu hinterfragen.
Oft fehlt die Zeit, sich mit dem tatsächlichen Bedarf auseinanderzusetzen oder die Unsicherheit ist groß,
etwas „Falsches“ zu entscheiden.
Gerade im Mittelstand entstehen viele Profile „aus Gewohnheit“, nicht aus aktueller Notwendigkeit.
Dabei verändert sich die Realität in den Abteilungen längst viel schneller, als die Stellenbeschreibungen angepasst werden.
Wann sind formale Qualifikationen wirklich Pflicht?
Es gibt Bereiche, in denen Zertifikate verpflichtend sind.
Zum Beispiel im Automotive-Bereich wenn ein VDA 6.3-Audit gefordert wird.
Hier geben Verträge oder Kundenvorgaben den Rahmen vor.
Aber selbst dann heißt das nicht, dass man nur fertige Auditoren einstellen darf.
Man kann gezielt nach Menschen suchen, die die richtige Haltung und Lernbereitschaft mitbringen
und die Qualifikation nachholen.
Was können Unternehmen tun, um im Recruiting flexibler zu werden?
Zuerst sollten Fachbereich und HR gemeinsam klären, was wirklich gebraucht wird nicht einfach ein altes Profil übernehmen.
Dann lohnt es sich, im Gespräch zu prüfen, wie jemand tatsächlich arbeitet.
Ich empfehle: weniger auf Noten und Lebenslauf schauen, mehr auf Verhalten und Haltung.
Und ganz wichtig: HR braucht Handlungsspielraum.
Wenn jemand sichtbar motiviert ist, sollte das auch ein Entscheidungskriterium sein nicht nur das Zertifikat.